Historisches

Die Berliner Clubkultur gilt als eines der wichtigsten kulturellen Aushängeschilder der Stadt. Die Clubs sind ein Touristenmagnet, und die Geschichten über legendäre Clubs und historische club- und subkulturelle Entwicklungen wurden schon vielfach erzählt, in Form von u.a. Büchern, Dokumentarfilmen oder Ausstellungen. Besonders viel Aufmerksamkeit erfahren hier die Punk- und New-Wave-Szene der 1980er Jahre und die Entwicklung der Technoszene nach dem Mauerfall, ein Stück weit auch die queere Partykultur ab den 1970er Jahren. Die Auswahl der erzählten Geschichten ist aber sehr selektiv und ganze Szenen und Communities sind bis heute kaum dokumentiert. Dass es neben Punk und Techno noch andere Kontexte gab und gibt, in denen Clubkultur eine wichtige Rolle gespielt hat bzw. bis heute spielt, liegt zwar auf der Hand, aber es wird deutlich schwerer, hier entsprechende Quellen zu finden. 

So gab es außer den bekannten Orten der Punk und New-Wave-Szene auch eine ganze Reihe an Clubs im Berlin der 1980er Jahre, in denen R&B, Hip Hop oder Funk – also Schwarze Musikstile – gespielt wurden und die die Berliner Clubkultur entscheidend mitprägten. Dies wird aber nur selten erwähnt bzw. ist wahrscheinlich vielen Menschen gar nicht bewusst. Einigermaßen geläufig sind die sogenannten G.I. Clubs, die nicht nur von afroamerikanischen Soldaten besucht wurden, sondern u.a. auch von Berliner Migrant*innen – am bekanntesten ist hierbei das La Belle in Friedenau, auf das 1986 ein Terroranschlag verübt wurde, bei dem drei Menschen starben. Ein Grund für die Unsichtbarkeit mancher Clubkulturen ist wahrscheinlich auch, dass viele dieser Clubs im Gegensatz zu den irgendwie als cool und subkulturell bedeutsam geltenden Punk- und New-Wave-Läden als „Mainstream-Diskotheken“ und nicht als ordentliche „Underground-Clubs“ angesehen werden – eine Sichtweise, in der auch rassistische und vor allem klassistische Sichtweisen zum Ausdruck kommen. 

In Hinblick auf die 1990er Jahre kann dann der Eindruck entstehen, dass fast nur noch Technoclubs existiert haben, während z.B. die Berliner Hip-Hop-Szene erstaunlich selten thematisiert wird - und wenn es dann um die eigentlich extrem einflussreiche türkisch-deutsche Hip-Hop-Szene Berlins geht, wird es gleich noch schwerer, etwas über sie zu erfahren. Auch Clubs aus dieser Zeit, in denen R&B, Deep House, Nu Jazz, Reggae oder auch Jungle liefen, fehlen meist in den populären Geschichtsschreibungen. Dass es auch in den 1990ern eine diverse und heterogene, auch von BIPoCs geprägte Clubkultur gab, ist ist selbst vielen Kenner*innen der Berliner Clubkultur wenig bekannt. wenig bekannt. Zu den prominentesten Beispielen gehören die seit 1997 im SO36 stattfindenden queer-orientalischen Gayhane-Partys oder der seit 1994 an verschiedenen Orten existierende Reggae- und Dancehall-Club YAAM. Andersherum gibt es bis heute die Mythologisierung der Berliner Technoszene als offen für alle, als ein Ort, an dem Rassismus, Sexismus und Homofeindlichkeit keinen Platz gehabt hätten, weshalb die tatsächlich stattgefundenen Ausschlüsse verschiedener Gruppen immer wieder ignoriert oder geleugnet werden. Mehr Forschung zu diesem Thema und Raum für Diskussionen ist dringend erforderlich. Daher ist es derzeit auch schwierig, hier verlässliche Aussagen zu treffen. Außerdem gab es ja die afroamerikanischen DJs aus Detroit und Chicago, die regelmäßig in Berlin zu Gast waren und gerne als Beweis dafür herangezogen werden, wie multikulturell die Szene gewesen wäre – wobei dann aber vergessen wird, dass Schwarze Deutsche (und andere in Deutschland lebende PoCs) eher nur in geringer Anzahl in den Technoclubs unterwegs waren. Hinzu kommt die Stilisierung von Techno als Soundtrack der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschen - einer Vereinigung, von der allerdings Menschen mit z.B. türkischem oder vietnamesischem Background in der Regel ausgeschlossen waren.